7.  Zusammenfassung und Ausblick

In dieser Diplomarbeit wurden verschiedene Aspekte des Abbildungsverhaltens beim Rastertunnelmikroskop auf atomarer Skala untersucht. Einen Schwerpunkt bildete dabei zum einen der bisher nur wenig verstandene Mechanismus, der zur Kontrastinversion führt. Zum anderen waren reibungsbedingte Abbildungseffekte Gegenstand der Arbeit.

Zur Untersuchung der Kontrastinversion wurde ein bereits bestehendes Modell weiterentwickelt, welches von wenigen Grundannahmen ausgehend die Abhängigkeit des Tunnelstroms durch eine punktförmige Spitze von ihrer Position beschreibt. Dabei wurden unter anderem erstmals Abschattungseffekte berücksichtigt. Zur Analyse des Einflusses verschiedener Parameter wurden Simulationsrechnungen durchgeführt, für die im Rahmen dieser Arbeit auch die erforderlichen C-Programme erstellt wurden.

Auf der Basis einfacher geometrischer Überlegungen konnte das Modell die Abstandsabhängigkeit des Abbildungsverhaltens beschreiben. Die Vorhersagen des Modells konnten anschließend im Rahmen der Arbeit auch experimentell bestätigt werden. Zudem bildet es die Basis für zukünftige Simulationen mit beliebigen Spitzenformen, indem diese in einzelne Punkte aufgelöst werden und man die jeweiligen Strombilder aufsummiert. Auf diese Weise können in Zukunft auch asymmetrische Spitzen simuliert werden.

Außer den simulierten Effekten konnten im Experiment auch spontane Invertierungen des Kontrastes nachgewiesen werden, deren Ursache in elektronischen Zustandsänderungen der Spitze liegen dürfte. Zudem wurde durch die STM-Messungen auf verschiedene Weise der Einfluß der Abtastrichtung auf die Struktur der STM-Bilder nachgewiesen. Eine Erklärungsmöglichkeit für dieses Phänomen besteht in —je nach Bewegungsrichtung der Spitze— unterschiedlichen effektiven Tunnelflächen.

Bei Messungen mit dem STM auf HOPG, WSe2 und MoS2 wurden erstmals sämtliche Phänomene atomarer Reibung zwischen Spitze und Probe nachgewiesen, die bisher fast aus ausschließlich aus AFM-Experimenten bekannt waren, nämlich

Beim AFM ist das gemessene Signal direkt proportional zu einer Auslenkung der Spitze und damit zu einer auf sie wirkenden Kraft, die oft von der Scanrichtung abhängt, weswegen diese Phänomene direkt atomarer Reibung zugeordnet werden. Beim STM hingegen werden Ströme detektiert, deren Zusammenhang mit lateralen Kräften bisher noch nicht geklärt wurde. In der vorliegenden Arbeit konnten aufgrund der experimentellen Resultate erstmals Erklärungsansätze für die einzelnen Beobachtungen gegeben werden, indem die STM-Nadel als elastische Feder betrachtet wurde und sowohl repulsive als auch attraktive Kräfte in die Überlegungen mit einbezogen wurden. Diese Ansätze können die Basis für das Verständnis atomarer Reibung beim STM bilden und damit auch entscheidend zum grundsätzlichen Verständnis des Abbildungsprozesses beim STM beitragen.

Da stichhaltige Indizien gefunden wurden, daß —im Gegensatz zum AFM im repulsiven Kraftmodus— auch attraktive Wechselwirkungen einen Einfluß auf laterale Kräfte haben, wäre ein interessanter Ausblick in diesem Zusammenhang die Simulation der Bewegung einer Spitze in einem attraktiven Potential. Sehr viel mehr Einblick könnte ein kombiniertes AFM/LFM/STM bieten: Es wäre dann zu jedem Zeitpunkt außer dem Tunnelstrom auch die Position der Spitze bekannt, da alle Auslenkungen direkt detektiert würden.

Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß in dieser Arbeit das Phänomen der Kontrastinversion beim STM sowohl theoretisch also auch experimentell untersucht wurde und dadurch mögliche Zusammenhänge beim Abbildungsprozeß aufgeschlüsselt wurden. Erstmals wurden Reibungsphänomene beim STM und deren Einfluß auf die Bildkontrastentstehung näher untersucht und im Rahmen einfacher Modelle qualitativ erklärt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bieten eine gute Basis für künftige quantitative Untersuchungen des STM-Abbildungsprozesses in Experiment und Simulation.