4.2.  Erste Modifikation des Modells

Wie im vorherigen Teil klar wurde, kann das Phänomen der Kontrastinversion leicht durch Simulationsrechnungen im Rahmen eines einfachen geometrischen Modells generiert werden, doch entspricht das oben vorgestellte Modell bei weitem noch nicht der physikalischen Realität. Die nächste Anpassung an die Physik besteht darin, die Oberfläche nicht mehr durch eine zweidimensionale Stufenfunktion, deren Wert 0 oder 1 ist, darzustellen, sondern durch hexagonal verteilte zweidimensionale Gaußfunktionen, deren Mittelpunkte auf den Gitterpunkten liegen, da man dadurch weiterhin einen Parameter behält, der den Radius der Atome angibt, nämlich a in dem Ausdruck

    (     )
       r2-
exp  - a2    ,
(4.2)

wobei r der Abstand zum nächstliegenden Gitterpunkt bzw. Atom ist.2

Außerdem wird nun eine punktförmige Spitze angenommen. Um nun den Gesamtstrom von der Oberfläche zur Nadel (oder umgekehrt3) zu berechnen, müssen die Ströme, die von allen Flächenelementen ausgehen, aufsummiert werden. Dazu wird für die Berechnung jedes einzelnen Teilstroms Gleichung  2.9 herangezogen. Dabei wird von folgenden Annahmen ausgegangen:

Ein Vorteil der letzten Annahme liegt darin, daß man den Algorithmus für die numerische Summation der Teilströme derart vereinfachen kann, daß die Rechenzeit drastisch verkürzt wird: anstatt für jeden Punkt (xS,yS), über dem sich die Nadel gerade befindet, die vollständige Summation auszuführen, wird bei der Simulation zuerst die Stromverteilung für eine strukturlose Oberfläche (also mit s(x,y) = konstant) bis zu einem Radius rmax berechnet.4 Das heißt, daß man bei vorgegebenen Parametern Abstand d0 sowie mittlerer Barrierenhöhe f ein einziges Mal

         {  1     (  V~ --  )
t(x,y) =    d exp  -  f .d   falls r < rmax
            0                sonst
(4.3)

zu Beginn der Simulation berechnet, wobei zur Vereinfachung f  -~ 1,05 .-12
Å 1eV .f und d =  V~ ------------
  d20 + x2 + y2 eingeführt wurden.5 Dann muß nur noch für jeden Punkt (xS,yS) die Korrelationsfunktion (siehe Gl.  4.1) auswertet werden.

Abbildung  4.3


PIC

Abbildung 4.3: Ein mit dem im Text beschriebenen Modell erzeugtes STM-Bild, auf dem man den Effekt der Kontrastinversion erkennen kann. Es wurden folgende Parameter, deren Bedeutung aus dem Text hervorgeht, gewählt: f = 2 eV, d0 = 3 Å, g = 2,5 Å, rmax = 2 Å und a = 1 Å

zeigt ein Beispiel einer solchen Simulation. Die Parameter sind in den Bildunterschriften angegeben. Es wurde hier in die linke obere Ecke der relevante Ausschnitt von t(x,y), nämlich genau ein Quadrat, das den nicht verschwindenden Bereich der Funktion komplett einschließt, angeordnet. Der Rand, dessen Breite gerade rmax ist, gibt die ursprüngliche Oberfläche wieder und das innere Scanfenster das simulierte Strombild I(x,y). Die Abklinglänge a der Gaußschen Funktion  4.2 wurde —bei einer Gitterkonstanten von 2,5 Å— gleich 1 Å gesetzt, da sich bei den verschiedenen Simulationsreihen herausgestellt hatte, daß ein zu kleiner Wert für a lediglich an jedem Gitterpunkt ein Abbild von der Funktion t erzeugte und ein zu hoher wiederum die „Welligkeit“ der Oberfläche verschwinden ließ. Das bedeutet, daß eine beliebige Variation dieses Parameters nicht als sinnvoll erachtet werden kann, wie es z.B. bei dem Abstand d0 der Fall ist. Im nächsten Abschnitt wird die Modelloberfläche auf eine andere Weise realisiert.

Folgende Ergebnisse wurden durch die Simulationen mit diesem Modell, welches auf einer punktförmigen Spitze und „gaußförmigen“ Oberflächenatomen basiert, erzielt:

Allerdings blieben auch hier noch einige Fragen offen. Gerade der letzte Punkt muß noch weiter analysiert werden, denn konsequenterweise muß hier immer soweit integriert werden, bis eine Konvergenz der Ergebnisse eintritt. Das soll im folgenden noch geschehen.

Zusätzlich wird im nächsten Teil außer der Probenfunktion, die die Tunnelwahrscheinlichkeitsverteilung darstellt, auch die dreidimensionale Struktur der Oberfläche mit einbezogen, anstatt die Probe weiterhin als planare Elektrode zu betrachten.